Das ganze Jahr über hat meine Frau bisher nützliche Dinge für die lieben Verwandten gekauft. Da musste sie genau überlegen welche Schuhgröße, passt der Anorak, oder um wie viel mag sich in einem Jahr die Konfektionsgröße der Kinder geändert haben? Die nächsten Jahre wollen wir mal wo anders hin in den Urlaub fahren. Die Welt ist so groß und bisher haben wir die gewonnene Reisefreiheit noch nicht ausnutzen können,- aber wer weiß schon wie lange wir noch Arbeit haben? Dazu kommt noch, dass die geschenkten Dinge, egal von welchem Wert, nicht geachtet werden. Ein von uns geborgter Koffer deckt ein Faß mit Körnern im Garten von Tolik zu. Eine Frontscheibe BMW von uns gekauft, mitgebracht ist kaputtgegangen. Hochhackige , gefütterte Winterstiefel aus Österreichischer Produktion für rund 500,- Ostmark lagen schimmlig unter einem Bett in Lubas Veranda....... und so kann es beliebig weiter geführt werden. Egal wie viel wir mitbrachten,- nach ein paar Tagen war die allgemeine Freude , außer bei Schwiegermutter, verpflogen.
Dieses Jahr 92 brachte die Tochter von Tolik ein Mädchen zur Welt, das sie Olessia nannten. Wir waren gerade zu Besuch und wollten sie besuchen. Aus hygienischen Gründen wird der Kontakt verboten. Nur durch das vergitterte Fenster in der ersten Etage, an der Außenwand auf einem Mauervorsprung stehend und Halt findend am Gitter konnten wir uns mit ihr unterhalten. Sie zeigte uns das kleine "Bündel" und durch das vergitterte Fenster gelang es mir eine polaroid Aufnahme zu machen.
Mein Versuch innerhalb der Station zu Photographieren scheiterte bei der gestrengen Oberschwester. Der Besuch bei Lina und Gena, einer mit uns befreundeten Familie, brachte weitere Einblicke in den Standpunkten der Gruppe der russischen Intelligenzler. Der Dortige Zahnart, bei dem Valentina sich in Behandlung begab, brachte uns auch viele Einblicke über Menschen die keine Not leiden. Es gibt alles zu kaufen, für Dollars, DM, auch für Rubel,- es kommt nur auf den Preis an, den man zu zahlen bereit ist. Der Begriff Mafia ist der Sammelbegriff für die Menschen an den Schaltstellen, wie Miliz, Pass,- und Meldewesen, Kaufhäusern und so weiter, die sich bestechen lassen, sich das Leben einrichten, durch Geldbeträge, Geschenke und Einladungen zu Feierlichkeiten, Auslandsaufendhalte usw.. Sie nutzen ihre Position nicht nur zum eigenen Vorteil. Das sind dann die "Beziehungen" die einer hat, von denen auch wir schon einige Male profitieren konnten. Den richtigen "Ton" treffen beim richtigen Menschen, darauf kommt es an. Zu DDR-Zeiten gab es etwas Ähnliches, ohne dass man von Mafia sprechen konnte. Da war nur die Rede von "Einsicht in die Notwendigkeit" und im Hinterkopf hatte jeder den Gedanken "Kompromisse,- ohne geht’s nicht!".....das war der real existierende Sozialismus, in dem sich jeder "einrichten" konnte. Kannst du mir dies oder das besorgen, dann können wir tauschen, oder "ich habe was gut bei dir". Wer erinnert sich noch an solche Dinge, wie ich mit zwei meiner Nachbarn abends nach der Tagesschau nach Pankow-Heinersdorf losfuhr mit meinem Wolga GAS 24 um uns anzustellen nach Fliesen und das Tollste war, dass wir an dritter Stelle wahren,- nur die ersten vier hatten noch eine vernünftige Auswahl von Kacheln in zweiter und dritter Qualität. Viel auswählen und kontrollieren konnten wir nicht, auch war die Menge begrenzt. Man konnte wählen, entweder kaufen oder nicht.
Es wurde gekauft, später getauscht, verkauft oder in Reserve gehalten. Möglicherweise interessiert es niemanden etwas von mir aus dieser Zeit zu erfahren, aber es ist eine Tatsache, dass ein Auto ein Wertobjekt war, welches nach gehöriger Pflege noch nach 10 Jahren den Neuwert, oder zumindest den größten Teil zum Neukauf sich realisieren ließ. "Ein Mal Auto, immer Auto". Natürlich vorausgesetzt dass man keinen Totalschaden hatte. Auch in solch einem Fall konnte man die Papiere verkaufen, für einen Neuaufbau. Die Autoanmeldung war auch verkäuflich, brachte meines Wissens ca. 2000,- Mark. Besser war es wenn das Auto selber gekauft, auf einem Auto-Basar, oder über Anonze verkauft wurde. Ein neuer Lada, Wartburg brachte ca. 50 000,- M, Trabant um 20 000,- M , ein Golf - Diesel bis 100 000,-M . Ein Wagen der 10 Jahre alt war konnte noch für Neupreis verkauft werden, ohne dass jemand von Wucher sprach. Es gab Leute, die nur vom An,-und Verkauf von Pkws lebten. In jeder normalen Familie hatten alle eine Autoanmeldung, damit im günstigsten Fall alle fünf Jahre ein neuer Wagen fällig ist. Die Anmeldezeit für Wartburg, Lada, Dacia, Trabant, teilweise auch für Skoda im Durchschnitt bei 15 - 17 Jahre. Ein Autoanhänger, Wohnwagen mehre Jahre, Moped teilweise sofort lieferbar, spätestens in einem halben Jahr. Mangelwahre bestimmte ihren Preis selber. Ein Farbfernseher kostete 4300,- bis ca. 7000,-Mark, diese Preise im Kopf sind die Ostler durch z.B. Westberlin gelaufen und die sozialistische Ordnung hatte "verspielt", denn wer dachte schon daran, dass ein Fernseher frühestens alle 8 Jahre usw., aber Brot für statt 0,93Mark im Schnitt 3,-DM, Miete für 3 Raum Wohnung statt 95,-Mark jetzt über 600,-DM. Beliebig lassen sich die Beispiele fortführen. Am schlimmsten sind die Machenschaften der Treuhand, deren Auftrag die Privatisierung der volkseigenen Betriebe, Kombinate ist. Geld ist der Hebel in der Marktwirtschaft, die Schmiere, der Auslöser für Gut und Böse.