Ein beliebtes Unterhaltungsthema waren die Storys über den "Bläserring aus Kirowograd". Das waren ein paar ukrainische Mädels, Studentinnen, die hin und wieder mal sich im deutschen Wohnlager sehen ließen, einige Tage blieben und von der jeweils nächsten Schicht "übernommen" wurden. So schwatzte sich jeder seine "sexuellen Verspannungen" von der Seele. Was Wahrheit und was Dichtung war, das konnte immer nur der Jenige einschätzen, der mit dabei war. Deutsche Mädels waren rar und stets in festen Händen. Die wenigen Mädels, die etwas "lockerer" waren reichten nicht für alle Kumpels aus. Die währen schnell "heißgelaufen". Deshalb lag der Ausweg folgerichtig nur bei einheimischen Damen. Die waren aber in der Regel nicht so schnell zu erobern. Es wurde viel Unheil angerichtet. So wollte sich eine einheimische Zahnärztin wegen unseren Kumpel "Pulla" umbringen. Ein anderer deutscher Kollege ließ uns wissen, wenn seiner Verlobten die ukrainischen Behörden die Hochzeit nicht gestatten, dann bringt er sich um. Unter großen Schwierigkeiten klappte es dann, die Frau und ihre Kinder aus früheren Ehen, mit in die DDR zu bekommen. Ein paar Jahre später traf ich Horst zufällig in der Mitropa Bahnhof Schöneweide und er erzählte mir kurz und knapp den Rest der Geschichte. Zu Hause nur noch Theater, Scheidung, Möbel verschwinden, Zank und Streit, ....... das Ende einer "großen Liebe", .... so ein Reptil! Meiner ruhigen Art entsprechend suchte ich mir stets die zu mir passenden Kollegen aus, mit denen ich guten Kontakt hielt, auf die man sich gegenseitig verlassen konnte. Es waren auch absolute "Hektiker" dabei, auf die ich vielleicht eine "wohltuende" Ruhe übertrug. Damals war mein Wahlspruch "wer mit mir nicht auskommt ist ein Idiot".

Weil ich eine Freundin in Kremenshug hatte war ich bestrebt die russische Sprache zu lernen. Es ergab sich, dass ich mit Wasja, dem Qualitätskontrolleur von Intergasstroi, im selben Wohnwagen hausen musste. Er war bemüht deutsch zu lernen, ich russisch, also ein ideales Verhältnis. Er brachte mir viele Begriffe bei, die in der täglichen Umgangssprache nötig waren. Ich verstand schnell, dass die Sorgen, Gefühle, persönlichen Probleme international sind. Es spielt keine Rolle wie man es ausdrückt, ausspricht, sondern wie man in der gegebenen Situation handelt. Das Russisch in meiner Schule bis zur 10. Klasse unterschied sich grundlegend von der Umgangssprache. Wasja war Ingenieur und vermied es mir die primitiven Schimpfwörter zu erklären, was mich manchmal irritierte, denn auf der Straße im Gespräch mit z.B. einem einheimischen Kraftfahrer war jedes dritte, vierte Wort ein Kraftausdruck "mittleren Kaliebers". Ich hatte bald einen kleinen Wortschatz mit dem ich mich in allen Lebenslagen verständlich machen konnte. Gespräche mit Wasja führte ich grundsätzlich in russisch. Er korrigierte mich sofort und oft, so lernte ich immer schneller Redewendungen anzuwenden. Da er nicht so hartnäckig war, machte er weniger Fortschritte, bis er wohl das Interesse ganz verlor. Mein Meister nutzte meine guten Beziehungen aus. Er bat mich mal mit Wasja "einen zu saufen", morgen verschlafen, damit wir den Bus verpassen und ein Stück Rohr durch den Sumpf verlegen konnten, ohne den "Kontrolleur".

Der Kontakt zu meiner Freundin Valentina wurde immer intensiver und inniger. Ich scheute nicht mehr die ca. 100 km vom Wohnwagenlager bis zu ihr nach Kremenshug per Anhalter an der Wochenenden zurück zu legen. Besser als Geld war damals für mich die Jackentasche voller Kaugummis zu haben. Ein LKW war schnell angehalten und wenn die Richtung stimmte rückte ich mit `ner Hand voll Kaugummis raus. Dadurch klappte es sogar oft, dass ich bis vor die Haustür gefahren wurde. Fast jeder Kraftfahrer hatte Kinder und die "Schuwatschka" damals absolute Mangelwahre. Als ich wieder in Kremenshug wohnen konnte, habe ich nur sehr selten mein Bett im Lager benutzt. Nach der Arbeit schnell unter die Dusche, dann rauf aufs Klapprad das ich mir extra mal mitgebracht hatte und zu meiner Valentina geradelt. Die wohnte etwa 6 km entfernt, direkt neben einem Militärobjekt, in dem sie als Konditorin bereits 8 Jahre arbeitete. Eine kleine Wohnung mit schrägen Wänden, unterm Dach eines Einfamilienhauses, war für uns wunderschön. Auch die nächsten zwei Straßen mit kleinen Häusern bildeten einen grünen Fleck zwischen fünfgeschossigen Neubauten. Alte Bäume, hohe Sträucher, riesige Pfützen auf den unbefestigten Straßen, Gemeinschaftsplumpsklo zentral gelegen und aus Holz gezimmert. Da musste man seinen Hintern schnell bei Seite nehmen, denn wenn es voll war, dann spritzte es von unten.