Nicht im Großstadtverkehr eingeengt, belastet von Abgasen, umgeben von Massen von Menschen, die jeder für sich, irgendwo hinhasten, keine Zeit haben, ihren Vorteil nutzend, in Lücken springend, Parkplatz suchend kreisend, sein zu müssen ,- das nenne ich Glück, das finde ich schön. Lebensqualität 1993 (wer weiß, wie es später aussieht?), finde ich in meinem kleinen Dorf.
(Preis pro Quadratmeter meinetwegen bis 500,-DM) Warum muss "allein sein" so teuer sein? Die Natur, mit seinen vielen Einzelheiten, Besonderheiten und doch normalen Dingen, zeigt sich uns, egal ob wir es sehen, verstehen. Es ist die selbe Natur, die Jahre vor uns die Eltern, Großeltern und unsere Ahnen gesehen haben. Leben und wahrnehmen der Dinge die uns umgeben kann interessant sein. Eine Eiche die ich heute sehe mit ihren ca. 15m Höhe, die haben Menschen vor z.B. 20 Jahren nicht gesehen, weil sie damals noch nicht an diesem Platz stand. Aber wenn ich mit Begeisterung beschreibe, wie der Wind hinein bläst, dann weiß ich, dass meine Vorfahren es auch gesehen haben können ,- ..... irgendwo. Etwas festhalten, betrachten, fotografieren, malen, beschreiben ist möglich, aber das Leben, die Zeit geht weiter, endet und beginnt unaufhaltsam. Etwa 45 Jahre arbeitet man um dann mit einer "kümmerlichen" Rente noch 10 bis 15 Jahre "durch zu halten". Bis zur Rente versucht man seinen "Lebensabend" zu sichern, verschuldet sich, arbeitet für seinen Unterhalt. Mit Sorge sieht man in die Zukunft, Versicherungen, Kredit, Rechtsschutz, Arbeitsplatz, Pleiten, Pech und Pannen. Gesundheit ist beeinflussbar, nur das "sorglose Leben" muss erlernt werden. Bezeichnender Weise sind Menschen mit besseren finanziellen Voraussetzungen, Erfolgen im Beruf auch mal unglücklich, haben Probleme, Streit und machen sich selber "fertig", aus Angst "Etwas zu versäumen", ....... oder?
Man müsste einfach alles hinschmeißen und machen was man eigentlich schon immer mal machen wollte. Da beginnt gleich wieder "der alte Trott", denn für alle Dinge braucht man Geld. Als meine Frau und ich im (ich glaube November 1989) in einer mindestens 500 Meter langen Warteschlange stundenlang standen um uns das "Begrüßungsgeld" von 100,-DM pro Nase, ab zu holen, spendierten einige Anwohner der angrenzenden Häuser spontan " `ne Tasse Kaffee", aber wir müssten auch an ein paar Häuser vorbei, wo sogenannte "Autonome" Jugendliche, oder Hausbesetzer, wohnten. Diese "Chaoten" oder wie immer man sie nennen möchte, hatten Fahnen, Spruchbänder, sehr laute Musik. Sie protestierten gegen die allgemeine Freude, den Freiheitstaumel, in den die Ossis verfallen waren. Zunächst für mich unverständlich, aber heute um so bitterer den Wahrheitsgehalt wahrnehmend zitiere ich mal das eine Spruchband. "Die Freiheit, die Jene meinen, ist nur die Freiheit der Banken und Reichen!" Ich weiß nicht wo sie den Spruch herhaben, aber er ist die Wahrheit. Mit wie viel Einfalt stemmten sich die Menschen der ehemaligen DDR in Richtung Freiheit um sie doch nicht zu erreichen. Ganz das Gegenteil ist für Viele eingetreten, denn das Auto wurde auf Kredit gekauft, ohne zu ahnen wie unsicher der Arbeitsplatz ist. In der Zeit als die Treuhand alles platt machte. Die Zukunft wurde geplant, mit "geborgtem" Geld, Schulden "disziplinieren", machen unfrei, es entstand (auch ohne Schulden) Existenzangst. Wie prima hätte der Sozialismus in der DDR funktionieren können, hätte man diese heutige Existenzangst "künstlich" erzeugen können. Man braucht nicht Kommunist sein um den Unterschied in den verschiedenen Gesellschaftsordnungen bewerten zu können.
Es geht "ehrlicher" zu heute, es regelt sich vieles von allein, - so ist eine weit verbreitete Meinung. ......... mag sein, aber mir steht es nach 3 Jahren Freiheit schon "Oberkante Unterlippe". Dass wir immer noch klar kommen mit Geld und dem "freiheitlichem Staat" BRD ist nur der Zähigkeit und "Durchhaltewillen" zu verdanken. (Wie sagte doch damals der Kollege an der Drushba-Trasse? "Warum klappt das? ..... weil wir Etwas können!") Das Gefühl im Leben doch versagt zu haben, gehört so möchte ich meinen, in ein bestimmtes Lebensalter. Es ist eine Krise, weil man plötzlich sieht, was man alles "falsch" gemacht hat. Sich besonders positiv zu geben finde ich fast genau so blöd wie "sich hängen lassen". Nach dem ich endlich festgestellt habe, dass heutzutage auch nicht die Wahrheit in der Zeitung steht, besinne ich mich immer mehr auf mich und mein Umfeld, die Familie. Ich zähle die Zeit zwar nicht in Zeitabschnitten, wie "neue Sitzgarnitur" bis "neuer Fernseher", bis Satellitenschüssel, Waschmaschine, Schrankwand, Küche, Machorkareise, Miami, bis nächstes neues Auto (vielleicht schon in gehobener Mittelklasse), - aber ich sehe stets für wie weit unsere Kraft noch ausreichen könnte. Ich sehe bei einigen Menschen mit denen ich Kontakt pflege, wie sie die Freude an z.B. der Natur verlieren. Keine Zeit haben zum Lesen, sich in Ruhe zu unterhalten. Ein Buch, das einem interessiert, das ist "wie Kino im Kopf". Das Fernsehen kann keine Bücher ersetzen. Die heutigen Preise für Bücher schrecken mich ab, so wie "früher", Bücher zu kaufen. Wie schön, dass ich mir damals Bücher gekauft habe, um sie "später mal", wenn ich Zeit habe, zu lesen.
Bei mir im Dorf gibt es eine Telephonzelle, die ich, nach dem ich einige Geldstücke vergeblich hineingesteckt habe, nicht benutze. Ich gehe immer zu der Familie anrufen, die früher schon ihr Telephon bereitwillig für die Allgemeinheit zur Verfügung gestellt hat. Der Mann in dieser Familie hatte unlängst in seine STASI-Akte schauen dürfen. Sein Kommentar dazu brachte meinen Endschluss mich um solche Dinge mich nicht zu kümmern, ins wanken.
Der Jahrhundertsommer mit einigen Tagen großer Hitze brachte, neben den Belastungen auch ein par Einblicke in die verschiedensten Hinterstübchen in den Köpfen der Asylbewerber. Ein privater Betreiber einer Gemeinschaftsunterkunft für Menschen die in Deutschland Asyl suchen, stellte mich als Sozialbetreuer ein. In meiner Bewerbung wurde von mir meine Einstellung zu Ausländern und deren Kulturen dargelegt, dazu schrieb ich meine Gedanken über die Neureglungen in Gesetzesform in der Verfassung der BRD. In einem Gespräch mit dem Heimleiter und dem Betreiber wurde mir gesagt wo die Schwerpunkte für meine neue Tätigkeit liegen. Gut vorbereitet, instruiert, machte das Gespräch keine Schwierigkeiten. In ein paar Wochen wollte der Betreiber mal meine Eindrücke hören. Auf dem Gelände einer ehemaligen DDR Raketen Einheit, umgeben von Stacheldrahtrollen, Wachdienst, die Nachts Schäferhunde hinzu ziehen, in drei Häusern, gewährt man den Asylbewerben Unterkunft. Durch eine Küche werden drei mal Malzeiten ausgegeben. Für Ordnung, Sauberkeit innerhalb des Geländes, für die Disziplin sind vor allem die Sozialarbeiter zu ständig.