Eine herausragende Figur unter meinen ehemaligen Arbeitskollegen vom Betonwerk Vossdorf ist "Brigadier". Energie, Fleiß, Ausdauer, Fanatismus, gepaart mit der Fähigkeit Rückschläge locker "weck zu stecken" und trotzdem sein Ziel nicht aus dem Auge zu verlieren, ist ihm eigen. Viele "Blumen" für einen Menschen, der nicht zu letzt wegen seiner Fähigkeiten von Vielen angefeindet wurde. Nach der Wende ging er sofort "in den Westen", im Schwarzwald, in einem Betonwerk, arbeiten. Guter Verdienst und die Möglichkeit was dazu zu lernen reizte ihn Weib und Kinder bis auf die Wochenenden alle 14 Tage allein zu lassen. Er traf dort einen ehemaligen Kollegen vom Betonwerk, der bei einer Küchenreinigungsfirma arbeitete. Sofort war der Gedanke so etwas hier im Osten auch auf zu bauen. Eigener Chef sein, den Laden wie im Westen "aufziehen" und viel Geld machen. Schwer zu realisieren ohne Kredite, ohne Vorlauf an Aufträgen, ohne Nahmen, ohne genügend Erfahrungen. Arbeitslos gemeldet versuchten die zwei drei Monate lang an Aufträge für Küchenreinigung zu kommen. Aus taktischen Gründen wurde ein Gesellschaftsvertrag mit dem Chef der Westfirma abgeschlossen. Es gab dann Unterstützung mit Fahrzeugen, technischen Apparaten und Büroarbeit. Preisangebote, Verfahrensweisen, Einsatz der chemischen Mittel wurden im Voraus bestimmt. Name der Firma und Briefköpfe der Rechnungen vermittelten "Solidität".
Es stellte sich aber bald heraus, dass in den neuen Bundesländern bei Ausschreibungen echte Ostfirmen die Nase vorn haben, weil leitende Angestellte Solidarität zeigten. Somit war der Name nicht, aber die Westadresse hinderlich. Auch dies war keine Hürde für Brigadier, Firmenlogo ändern, mehr Unabhängigkeit bei Abschlüssen, bald eigenes Büro mit Computer, Sekretärin und Angebotsrechnungen. Alles muss erst mal mit Aufträgen erarbeitet werden. Vom Wessi gab es dazu keine "müde" Mark. Der schwere Anfang ist gemacht, das Auftragsvolumen wächst, ein Mercedes mit Funktelephon wurde besorgt, ein neuer (gebrauchter) Transporter kommt dazu. Die Hilfskräfte zählen schon 30 Mann. Schon gelang es mit VW ins Gespräch zu kommen um die Luftkanäle der Lackierungshallen zu reinigen. Es ging "voran" ,- doch ein Rückschlag war, als sein zweiter Mann von der Leiter stürzte, durch gebrochenes Bein für lange Zeit ausfallen wird, wobei der Fuß steif bleiben wird. Dazu kamen ein paar "faule" Kunden die einfach nicht bezahlen, eine Firma mit Forderungen, wo es um Gasleitungen ging, an denen eine Reinigungsfirma nichts zu suchen hat. In diesen Fällen ist der Partner aus dem Westen nützlich, mit seinen Erfahrungen, mit seinen Anwälten.
Habe nun weit ausgeholt um zu erzählen, dass ich da auch mit mache. Wenn auch der Dreck, das Fett, Staub und Schwierigkeiten bei der Abarbeitung der Aufträge "abschrecken", lockte doch die Möglichkeit nebenbei im Monat ein paar Hundert Mark zu machen. Nach dem Betriebsunfall hätte die Möglichkeit bestanden voll ein zu steigen. Angerufen um 3/3o Uhr hielt es der Brigadier nicht für nötig sofort zum Unfallort zu eilen, der in 45 Minuten zu erreichen gewesen währe. Wichtige Termine waren hinderlich. Auch spätere Äußerungen zeigten mir, dass Schuldfrage und Spätfolgen nur "schädlich" für seine Firma sein könnten. Freundschaft und Geschäftsprinzipien sind nicht vereinbar. Der Schaden musste ohne Zweifel begrenzt werden. Muss aber die private Unfallversicherung den Fall decken? Wie geht die Sache aus? Warum berührt mich das so besonders? Ich habe ihn auf dem Küchenfußboden liegen sehen, mit dem seitlich abstehenden Fuß und dem herausragenden, blutigem Knochen. Da ich auf dem Dach allein arbeitete war ich nicht unmittelbar dabei, als es passierte. Der dritte Mann kam aufs Dach und informierte mich. Die Reinigungsaktion musste ab 23/oo Uhr, auf Wunsch des Kunden, beginnen. Der Kurfürstendamm um Mitternacht vom Dach aus zu beobachten, das hätte ich vor ein paar Jahren nicht für möglich gehalten. Links sah ich den Berliner Funkturm angestrahlt, Dachbodenfenster in Kuppelform und andere pyramidenförmig, Alurahmen, die Balkone recht großzügig, schick mit großen Kübelpflanzen dekoriert. Echt eine "andere Welt" dieses Bonzen-Viertel. Nach dem der Verunfallte mit einem Rettungswagen der Feuerwehr ins Martin Luther Krankenhaus abtransportiert war, brachten wir die Arbeit zu zweit zu Ende. Es wurde aber moniert und noch mal gereinigt, das wurde wieder moniert ...... . Kunde ist König, der Kunde muss Einiges "hinblättern" und kann dafür erwarten, dass seine Erwartungen erfüllt werden. Die Erwartungen werden vom Gespräch mit dem Vertreter hoch. Es ist schwer ordentliche Arbeit abzuliefern. Zeit, Arbeitskräfte und Gefahr durch unichte Kanäle Wasserschäden zu verursachen, in allen Punkten wird es manchmal kompliziert. Da wir "die Besten" sind, eine Fachfirma, deshalb werden wir immer wieder mit allen Problemen fertig. Der Unfall kam zu einer Zeit, in der ich überlegte, ob ich dort fest einsteige, für kleines Gehalt, mithelfe diese Firma aufzubauen. Die Konsequenzen aus dem Unfall lehrten mich lieber nebenbei dort weiter zu arbeiten....., - ihm bei der ersten Million zu helfen.